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Grafik: www.neues-deutschland.de

"Wir wollen weniger Flugverkehr"

Interview mit Kornelia Wehlan in der Tageszeitung "Neues Deutschland"

Das folgende Interview ist dem Internetangebot www.neues-deutschland.de entnommen, ist hier online zu finden und auch als <media 36679 - download "Leitet Dateidownload ein">pdf-Datei</media> verfügbar.

Fragen: Andreas Fritsche

nd: Wie wird sich die Linksfraktion verhalten, wenn im Landtag über das Volksbegehren abgestimmt wird, das ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr in Schönefeld fordert?

Wehlan: Die LINKE wird vor der Abstimmung Gespräche mit den Initiatoren suchen. Und wir werden um einen Kompromiss ringen. Dem Text des Volksbegehrens können wir nicht 1:1 zustimmen. Teil zwei steht der Programmatik unserer Partei diametral entgegen. Wir wollen nicht mehr Flugverkehr, sondern weniger.

Die LINKE ist doch für ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr. Warum stimmt die Partei dem Volksbegehren nicht einfach zu?

Ja, das sind wir. Für uns hat die Gesundheit Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen. Für den BER gibt es einen Planfeststellungsbescheid mit dem bekannten Nachtflugverbot von 0 bis 5 Uhr. Auch der Landtag kann einen solchen Bescheid einer unabhängigen Behörde nicht einfach wegschieben. Die Planfeststellungsbehörde hatte auf der Grundlage von Bundesgesetzen abzuwägen zwischen Sicherheit, Bedarf, Lärmschutz, Wirtschaftlichkeit. Und das hat sie fehlerfrei getan, wie das Bundesverwaltungsgericht inzwischen bestätigt hat. Aber genau da liegt auch die Lösung des Problems: Hätten wir ein Bundesgesetz für den Luftverkehr, wo dem Gesundheitsschutz und dem Nachtschlaf gesetzlich der Vorrang eingeräumt wird, dann würde das Ergebnis anders aussehen.

Die SPD und die Grünen teilen Ihre Bedenken wegen der zusätzlichen Forderung des Volksbegehrens, Flüge zu verlagern, etwa nach Sperenberg, Cottbus-Drewitz oder Neuhardenberg. Doch von den Initiatoren des Volksbegehrens heißt es, dieser Teil sei doch gar nicht so wichtig. Gäbe es einen Weg, die umstrittene Formulierung beiseite zu lassen und einfach nur dem Wunsch nach einem Nachtflugverbot zu entsprechen?

Nach dem Volksabstimmungsgesetz ist es grundsätzlich denkbar, etwas zu verhandeln und im Landtag zu beschließen, was einen Volksentscheid überflüssig macht. Dazu gehören Vorschläge auf den Tisch, aber am Ende müssen das die Vertreter eines Volksbegehrens entscheiden. Unser Ziel sind gemeinsame Anstrengungen für ein Nachtflugverbot an stadtnahen Flughäfen. Eine Willensbekundung im Landtag ist das Eine; sie kann aber den gerichtlich bestätigten Planfeststellungsbeschluss für den BER nicht außer Kraft setzen. Das betrifft auch die Flugbetriebszeiten. Die Meinung der Initiatoren ist uns dazu wichtig, und wir wollen unsere Argumente darlegen.

Täuscht der Eindruck oder ist die SPD nur widerwillig bei der Idee mit dabei, ein bundesweites Nachtflugverbot anzustreben?

Ich bin froh, dass wir uns schließlich darauf verständigen konnten. Die Bürgerinitiativen haben mit ihrem Druck viel bewegt. Und in einer anderen Regierungskoalition, zum Beispiel mit der CDU, hätte der Landtag nicht beschlossen, dass es keine dritte Startbahn geben wird oder Initiativen anderer Länder im Bundesrat für Nachtflugbeschränkungen zu unterstützen.

Die Chancen, dass der Bundestag ein deutschlandweites Nachtflugverbot beschließt, werden wegen der ablehnenden Haltung besonders der Union als gering eingeschätzt. Welche Hoffnungen machen Sie sich?

Im Koalitionsvertrag auf Bundesebene steht in der Tat das Gegenteil dessen, was wir erreichen wollen. Da ist die Rede von »international wettbewerbsfähigen Betriebszeiten« und dergleichen mehr, und aktuell erklären sich die Spitzen des Bundesverkehrsministeriums gegen ein Nachtflugverbot. Aber immerhin hat sich Schwarz-Gelb auch nicht getraut, die beabsichtigten wirtschaftsfreundlichen Änderungen des Luftverkehrsgesetzes auch tatsächlich anzufassen. Und im Übrigen wird nächstes Jahr bundesweit gewählt...

Manche Anwohner empfinden die angekündigten Bemühungen um ein bundesweites Nachtflugverbot als wirkungslose Beruhigungspille. Was kann die LINKE noch für die Anwohner des Großflughafens Schönefeld tun, wenn der Bundestag das deutschlandweite Nachtflugverbot ablehnt?

Die LINKE will eine parteiübergreifende Initiative zum Nachtflugverbot im Bundestag. Mit einer Online-Petition wollen wir das Anliegen bundesweit bewerben. Wird dies abgelehnt, kann jeder vom Nachtflugverbot seine Wahlentscheidung im nächsten Jahr abhängig machen. Darüber hinaus sind uns der planfestgestellte Schallschutz, lärmmindernde An- und Abflugrouten, das Gesundheitsmonitoring und die weitere Begrenzung von Flugverkehr, besonders in der Nacht, wichtig.